Du bist hier
Südamerika 2023 – Argentinien 2023 Featured_Section_Home Reise Südamerika 

Südamerika 2023 – Argentinien

Samstag, 02.12.2023 – Auf nach Argentinien (km 19552)

Heute will ich eine möglichst große Etappe Richtung Salta in Argentinien schaffen. Dazu muß ich aber erst die Grenze überqueren. Also um 6 Uhr aufstehen, alles zusammenpacken und möglichst noch das im Hotelpreis inbegriffene Frühstück einnehmen. Das bekomme ich in der Garage auf der Heckklappe des Autos des Besitzers serviert – das hatte ich so bisher auch noch nie.
Bis zur argentinischen Grenze ist es nicht weit. Zunächst führt die Hauptstraße jedoch über die nur zweispurige, total überlastete Brücke des hier 1,5 km breiten Rio Paraguay. Gleich danch kommt der Abzweig Richtung Süden und nach 30 km die Grenze. Die Autos und LKW stauen sich jedoch schon kilometerlang davor. Aber keine Problem, mit dem Motorrad fahre ich langsam an der Schlange vorbei bis ganz nach vorne.
Es dauert ne Weile und ein paar Fragen, bis ich herausgefunden habe, daß sich die paraguayische UND die argentinische Immigration im selben Gebäude befinden, nur 5 Meter auseinander – wie praktisch! Da ich vor 3 Wochen bei der Einreise nach Paraguay einen Einreisestempel in meinen Pass bekommen habe, brauche ich jetzt wieder einen Ausreisestempel, sonst gibt’s Probleme. Aber an der Immigration von Paraguay ist niemand und ich werde gleich abgefertigt. Bei den Argentiniern muß ich 10 Minuten warten. Als ich meinen Reisepass und meine Cedula vorlege (paraguayischer Personalausweis), gibt die Grenzbeamtin mir gleich den Pass zurück – den brauche ich als Paraguayer nicht. Einen Einreisestempel nach Argentinien bekomme ich nicht, auch nicht nach Verlangen. Das ist in den MERCOSUR Staaten von Südamerika ähnlich wie in der EU. Und für mein Motorrad will die Beamtin lediglich meine Cedula und die Cedula Verde (Fahrzeugschein) sehen. Ein Einreisedokument für mein Fahrzeug brauche ich also auch nicht. Draußen am Zoll will die bildhübsche blonde Zöllnerin lediglich noch meine Carta Verde sehen (Versicherungsnachweis). Und keine 10 Minuten später bin ich auch schon in Argentinien. Einen so schnellen und unkomplizierten Grenzübertritt mit dem Motorrad hatte ich noch nie!
Geld tauscht man in Argentinien am besten auf dem Schwarzmarkt. Der offizielle Kurs ist 1 Euro zu 360 Peso, schwarz bekommt man 860 Peso. Das kommt daher, dass die Währung in Argentinien einer sehr großen Inflationsrate unterliegt.
Die ersten 350 km führen auf der RN11 immer Richtung Süden an der paraguayischen Grenze entlang bis nach Resistencia. Bei meiner Frühstückspause an einer Tankstelle in Formosa treffe ich auf zwei Radler: Barbara aus Polen und Jorge aus Spanien Radeln für ein Jahr durch Südamerika (2locosonwheels = 2 verückte auf Rädern). Die beiden sind auch auf dem Weg nach Salta und dann weiter immer Richtung Süden nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt in Feuerland. Dorthin wollte ich letztes Jahr auch, habe es aber wegen der Weite abgebrochen. Die beiden müssen wirklich verrückt sein. Vermutlich werde ich die in Salta nicht mehr antreffen. Denn bis die da sind, bin ich wahrscheinlich schon wieder weg.
War es bis Formosa noch mit 35 Grad unsäglich heiß, so ändert es sich schlagartig. Denn ein kühler Südostwind bläst sehr stark und drückt die Temperatur auf angenehme 25 Grad. Dafür muß ich wegen des Gegenwinds an Endgeschwindigkeit einbüßen. Das ändert sich aber in Resistencia wieder. Denn ab hier biege ich rechts ab auf die RN16 und fahre Richtung Nordwesten, habe den starken Wind also im Rücken. Die Yamaha läuft fast von alleine. Eigentlich wollte ich es wegen des Rückenwindes heute bis zur Kleinstadt Monte Quemado schaffen und damit mehr als die Hälfte der 1300 km von Asuncion nach Salta zurücklegen. Aber nachmittags um 17 Uhr nach 550 km habe ich keinen Bock mehr zu fahren und suche mir in der Stadt Pampa del Infierno eine Bleibe. Es wird das Hotel Biooceanico, direkt an der Hauptstraße. Zwei Schwestern im mittleren Alter schmeißen den Laden hier.

 

Sonntag, 03.12.2023 - Ankunft in Salta (km 20080)

Das Frühstück im Biooceanico schenke ich mir, denn ich will bei Tageanbruch hier wegkommen. Also 05:30 Uhr aufstehen, alles einpacken, die Yamaha aufsatteln und ab auf die RN16 Richtung Salta. Die Fahrt ist genauso eintönig wie gestern, geht es doch immer geradeaus. Selten einmal, daß die Straße ein Krümmung macht. Und wenn, dann sind die Kurven langgezogen. Nach zwei Stunden mache ich dann meine Frühstückspause an einer Tankstelle. Der Himmel zieht zusehends zu und in Höhe von Monte Quemado fängt es zu regnen an. Also Regenklamotten anziehen (die Hose habe ich erst vor ein paar Tagen gekauft) und weiterfahren. Am frühen Nachmittag sind die knapp 600 km dann auch abgefahren und ich erreiche mein Ziel, die Stadt Salta am Fuße der Anden.
Die Suche nach eine Hotel gestaltet sich schwierig, denn die erschwinglichen sind entweder weit von der Innenstadt entfernt oder einfach zu teuer. Am Ende fällt die Wahl auf das Hotel Colonial, denn gleich nebenan befindet sich ein bewachter Parkplatz

 

Montag, 04.12.2023 - Salta (km 20118)

Salta liegt ganz im Nordwesten von Argentinien auf 1100 Metern Höhe und ist die Hauptstadt der Prvinz Homonima. Die Stadt wird auch bezeichnet als "La Linda" - die Schöne.
Wie in vielen großen Städten der Welt, so kann man auch in Salta eine kostenlose Stadtführung mitmachen, an deren Ende man dem Stadtführer ein Trinkgeld gibt. Die Stadtführerin ist ein junge Argentinierin und spricht leider nur spanisch, sodaß ich das meiste nicht verstehe. Das wohl prunkvollste Gebäude ist die Cathetrale Basilica de Salta und die Iglesia San Francisco. Die interessantesten Gebäude befinden sich rund um den Plaza 9 de Julio, einem Stadtpark aus dem 16. Jahrhundert.
Den besten Überblick über die Stadt bekommt man vom etwa 300 Meter hohen Berg Cerro San Bernardo. Da führt sogar eine Seilbahn hinauf. Ich nehme den Fußweg mit den unzähligen Treppenstufen hinauf.

 

Dienstag, 05.12.2023 - Zweiter Tag in Salta

Heute ist wieder mal ein Tag zum vergessen. Und das, obwohl mal wieder die Sonne scheint. Denn ich habe mir gestern den Magen verdorben und zu allem Überfluß auch noch eine handfeste Erkältung mit 38,8 Grad Fieber geholt.

 

Mittwoch, 06.12.2023 - Weiter nach Cafayate (km 20404)

Die Erkältung ist Dank Chlordioxid über Nacht weg und der "Flotte Otto" wird mit Imodium behandelt. Also geht die Fahrt weiter. Das heutige Ziel, die Kleinstadt Cafayate liegt 200 km südwestlich auf über 2000 Metern Höhe in den Bergen. Dorthin führt die asphaltierte Route National 68 (RN68). Das Navi lotst mich zielsicher aus der Großstadt Salta Richtung Süden hinaus. Die Straße ist sehr gut befahrbar und kurvig. Endlich mal Kurven fahren. Das hatte ich dieses Jahr hier noch nicht. Die Fahrt führt erst durch ein breites Tal. In einer Provinzstadt werde ich durch eine Straßensperre der Polizei angehalten. Die machen doch tatsächlich morgens um halb zehn Alkoholkontrollen. Ich muß ein kleines elektronisches Gerät anhauchen - Ergebnis natürlich negativ. Vor meiner Weiterfahrt macht mich noch einer der Beamten auf meinen Luftdruck im Vorderreifen aufmerksam. Der ist tatsächlich halb platt - deshalb das schlechte Fahrverhalten. Ich hatte mich schon gewundert. Aber die nächste Tankstelle ist 90 km entfernt in Cafayate. Da geht ein anderer Polizist ins Polizeigebäude und holt eine Handpumpe heraus, befestigt sie am Ventil und pumpt mir doch glatt den Reifen auf. In Argentinien ist die Polizei tatsächlich noch dein Freund und Helfer. Nachdem ihm das Pumpen sichtlicher schwerfällt, löse ich ihn ab. Ich sage nochmals tausend Dank und fahre fast vollgepumpt weiter.
Ab der Hälfte der Strecke führt die Straße durch das Tal des Río de las Conchas. Die Gegend mit den umliegenden Bergen heißt "Quebrada de las Conchas", ist wunderschön und wirkt irgendwie surreal. Die Schlucht des Flusses ist ein Gebiet von großer landschaftlicher Schönheit mit Felsformationen, die durch ihre rötliche Färbung sehr auffällig sind. Im Jahr 1995 wurde es per Dekret Nr. 6806 zum verwalteten Naturschutzgebiet mit einer Fläche von 25.784 Hektar erklärt, um die merkwürdigen geologischen Formationen und hohen Mauern von einzigartigem landschaftlichen Wert sowie eine wichtige paläontologische Stätte zu schützen bis zur Kreidezeit. Die Schlucht ist ein geologisch moderner Unfall, der durch tektonische Bewegungen in den letzten zwei Millionen Jahren entstanden ist. Man durchfährt auch ein Dorf namens Alemanía. Es liegt an der Mündung des Flusses Río Alemanía in den Río de las Conchas, etwa 120 km südlich der Provinzhauptstadt Salta. Warum das Dorf "Deutschland" heißt, habe ich nicht herausgefunden.
Gegen Mittag erreiche ich dann schon die sehr schöne Kleinstadt Cafayate. Und mit dem "Hopedaje Felisa" habe ich auch gleich eine sehr günstige Unterkunft gefunden. Die Übernachtung im Einzelzimmer bekommt man für umgerechnet 6 Euro (natürlich mit den Schwarzmarktpesos gerechnet).

Donnerstag, 07.12.2023 - Finca Las Nubes

Heute wird ein gechillter Tag oder wie die Südamerikaner sagen "tranquillo". D. h. wenig Moped fahren, viel relaxen. Denn ich bleibe noch eine Nacht hier in Cafayate. Und so fahre ich erst gegen Mittag ohne Gepäck los auf der Routa 40 Richtung Norden. Die Fahrt durch das Hochtal führt vorbei an unzähligen, großen Weinfeldern und Weingütern. Die ersten 30 km ist die Straße noch asphaltiert. Zwei Kilometer hinter San Carlos dann geht sie über in eine breite Schotterpiste. Das heißt für mich Geschwindigkeit auf 40-50 km/h verringern und ne gute Spur mit wenig Gestein finden. Ähnlich der Nebenstraßen von Bolivien im letzten Jahr, so hat auch die Routa 40 viele kleine Wellen im Belag. Es ist fast so, als fahre man über ein Wellblech. Die Yamaha wird gehörig durchgeschüttelt. Nach weiteren 10 km drehe ich wieder um und fahre zurück - genug Offroad für heute. Als ich schon fast wieder den Asphalt erreicht habe, bemerke ich, daß sich der Deckel meiner selbst gebauten Werkzeugkiste geöffnet hat und alle Werkzeuge fehlen. Also nichts wie umdrehen und wieder zurückfahren. Tatsächlich nach zwei Kilometern finde ich den Deckel und ein paar Meter weiter liegt das Werkzeug im Schotter - Glück gehabt. Den Deckel muß ich sichern, denn das wird nicht die letzte Offroadstrecke gewesen sein.
Da es heute mit einer Weintour leider nichts wird, nehme ich ab Cafayate nochmals 5 km Schotter- und Sandpiste auf mich und fahre zur Finca Las Nubes. Das ist ein kleines Weingut, etwas außerhalb der Stadt. Es liegt etwas höher, sodaß man einen schönen Blick auf die Weinberge und die Stadt Cafayate hat. Ein Bekannter hat es mir empfohlen. Leider kann ich den Wein nicht probieren, denn ich bin mit dem Zweirad unterwegs. Den aber soll es auch in der Stadt geben, sagt man mir. Tolle Finca, tolles Anwesen und Ambient. Und gut essen kann man hier auch. Am Spätnachmittag bin ich dann wieder zurück in Cafayate und mache mich gleich daran, den Deckel der Werkzeugkiste zu befestigen.

Freitag, 08.12.2023 - Von Cafayate nach San Salvador de Jujuy (km 20698)

Heute muß ich 300 Kilometer machen und nochmals in Salta zum Geldwechseln anhalten. Also um 6 Uhr bei Sonnenaufgang aufstehen, packen und nach ner Tasse Kaffee nix wie weg. Die Strecke, diesselbe ich vorgestern hierhergefahren bin, fahre ich jetzt wieder zurück. kD. h. wieder durch das Tal mit den skurilen, farbenprächtigen Bergformationen. Die leuchten heute früh durch die aufgehende Sonne feuerrot. Ich muß immer wieder mal anhalten, staunen und Fotos machen. Auch ein Hirte mit seiner Ziegenherde ist um diese Zeit auf der Straße unterwegs. Nach einem Tankstopp mit Frühstück erreiche ich Salta gegen Mittag. Hier ist heute die Hölle los. Denn es ist Feiertag in Argentinien. Also schnell wieder raus aus der Stadt auf die Routa Nacional 9 (RN9) und immer weiter Richtung Norden nach San Salvador de Jujuy. Denn dort will ich mich morgen mit Johann und dessen Zahnarzt zur Weiterfahrt treffen. Die RN9 ist hier eine sehr schmale, aber gut asphaltierte Straße. Sie führt alsbald in dschungelbewachsene Berge und hunderten von engen Kurven und Kehren wieder ins Tal - endlich mla ein paar Kurven fahren!
Wieder im Tal angekommen, mache ich Mittagspause am See "Embalse Las Maderas". An dessen Ufer befinden sich mehrere Restaurants mit Terasse und Seeblick. Von hier bis Jujuy sind es nur 30 Kilometer zum Tagesendziel. Als Unterkunft habe ich mir die Bleibe "Motoposada" ausgesucht, denn das soll eine Bikerunterkunft sein. Auf dem Vordach thront unübersehbar ein alter, verrosteter Chopper mit Totenkopf anstatt Scheinwerfer. Eine Klingel gibt's auch nicht. Aber einen Metallhebel mit dem man laut klopfen kann - ich klopfe laut. Aber außer ein paar wütende Hunde scheine ich niemanden geweckt zu haben. Durch ein kleines, offenes Fenster in der Türe kann man hineinschauen. Der Anblick ist doch etwas ungewöhnlich, denn der große Raum ist wohl Museum, Wohnzimmer und Werkstatt zugleich. Überall wurden alte Motorräder und Motorradutensilien platziert. In der Mitte befindet siche ein großer Tisch, daneben ein Flachbildferseher. Und ganz vorne links steht ein BMW-Motorrad mit deutschem Kennzeichen! Da war wohl schon einer vor mir da. Weiteres Klopfen und Rufen nützt nichts und erzürnt die Hunde nur noch mehr. Anfangs hatten sie nur gekläfft, jetzt geifern sie mir schon zu und lassen die Zähne fletschen. Also mache ich mich auf und fahre ein paar Kilometer weiter zur nächsten Tankstelle, setze mich in den Shop und trinke erstmal einen Kaffee.
Eine Stunde später dann der zweite Versuch im Motoposada. Aber immer ist noch niemand da. Dann klingle ich halt mal den Nachbarn raus. Der macht auch auf, nimmt sein Telefon und ruft den Besitzer an. "Muchos Gracias", bedanke ich mich. Denn wenig später kommt der tatsächlich und begrüßt mich freundlich. Er ist etwa 35 Jahre halt und heißt Pedro Erico Narvaez. Als er die Tür öffnet (die hätte man durch das kleine, offene Fenster von innen entriegeln können), schießen auch gleich die drei, jetzt lammfrommen Hunde, heraus. Pedro hat noch Platz in seiner Bikerbleibe und zeigt mir gleich mein Zimmer. Das ist sauber, aber sehr spartanisch, wie alles hier. Wenig später kommt dann auch der deutsch BMW-Fahrer Bernd M. hinzu. Er kommt aus Hamburg und hat sein Bike nach Valparaiso bei Santiago de Chile verschiffen lassen. Über Bolivien ist er jetzt hier gestrandet und will weiter nach Uruguay. Denn dort kann man ein ausländisches Fahrzeug bis zu 12 Monate stehen lassen. Das gäbe ihm die Möglichkeit ohne Bike nach Deutschland zurückzufliegen und nächstes Jahr wiederzukommen.
Restaurants gibt's keine in der Nähe, aber einen kleinen Imbißladen. Und daneben eine Brauerei, die uns eine 1,5 Liter große Flasche mit Faßbier abfüllt und mit nem Kronenkorken verschließt - der Abend ist also gerettet.

 

Samstag, 09.12.2023 - Von San Salvador de Jujuy nach La Cuiaca (km 20982)

Das Frühstück im Motoposada ist mehr als spärlich. Deshalb fahre ich mit Bernd noch zur YPF-Tankstelle wo ich gestern schon gewartet habe. Er verabschiedet sich alsbald und fährt in Richtung Süden weiter. Ich jedoch warte hier auf das Eintreffen von Johann und Victor aus Asuncion. Denn mit den beiden will ich die nächsten Tage hier im Norden Argentiniens einige Offroadpisten abfahren. Johann arbeitet bei der Firma Chacomer, also dem chinesichen Konzern, der hier in Paraguay die Vertretung von Yamaha hat. Er hat mir voriges Jahr beim Kauf meiner XTZ 250 geholfen. Sein Zahnarzt und Kumpel Victor ist Menonite. Seine Elern sind nach Paraguay ausgewandert. Er spricht auch perfekt deutsch und hat einige Jahre in Deutschland studiert. Die beiden wollen die Routa 40 ein großes Stück mit dem Motorrad abfahren und haben mir angeboten mitzukommen. Da sage ich nicht nein. Hier bin ich sowieso und Zeit habe ich auch. Die Routa Nacional 40 (RN40) beginnt ganz im Norden Argentiniens an der Grenze zu Bolivien und führt bis zum südlichsten Punkt der Welt, der Stadt Ushuaia in Feuerland.
Victor und Johann sind gestern und heute Vormittag von Asuncion über die RN81 (Paralellstraße meiner RN16) bis hierhergefahren. Die beiden fahren je eine neue 300er Voge. Das ist eine chinesische Straßenenduro mit BMW-Technik drin. Denn dieser Hersteller baut auch für BMW Motorräder in China. Auf der RN9 fahren wir heute weiter, immer Richtung Norden, Richtung Bolivien, bis zum Grenzort La Cuaica. Denn dort ist der Einstieg zur RN40. San Salvador de Jujuy liegt nur auf gut 500 Metern Höhe, La Cuaica auf 3200 Metern. Wir müssen also gehörig Höhenmeter machen. Dabei führt die Straße nicht wie z. B. in den Alpen in vielen Serpentinen die Anden hinauf, sondern die 300 Kilometer Anfahrt nach La Cuaica gleichen einer elendlangen Rampe, die man hinauf fährt. Auf der RN9 ist viel Verkehr, da sie die Hauptverkehrsader nach Bolivien ist.
Mit jedem Kilometer wird die Luft dünner und das Motorrad langsamer. Es fehlt einfach der Sauerstoff. Gegen Abend erreichen wir dann doch La Cuaica und finden mit dem La Frontera ein passables Hotel. Da das Hotel keinen Estaciamiento (Parkplatz) hat, dürfen wir mit den Mopeds durch den Haupteingang fahren und diese im Frühstücksraum abstellen.

 

Sonntag, 10.12.2023 - Von La Cuaica nach Susques

Heute müssen wir früh aufstehen und zeitig wegkommen. Denn die erste Etappe auf der RN40 sind gut 300 Kilometer offroad. Da gibt es unterwegs kaum Dörfer und erst recht keine Übernachtungsmöglichkeiten, von Tankstelllen ganz zu schweigen. An dieser ersten Etappe sind schon viele gescheitert. Die Mopeds sind vollgetankt und die Ersatzkanister ebenso. Vitor und Johann tauschen noch Geld auf dem Schwarzmarkt am Busbahnhof. Denn für Euros oder Dollars bekommt man fast das Dreifache als am Geldautomat. Wir kaufen noch Wasser und etwas Proviant und schon geht's los. Nicht jedoch, bevor an der Wegmarkierung Null, dem Einstieg der RN40, ein Gruppenfoto geschossen wird.
Gleich nach Verlassen der Stadt, als die Piste schon unbefestigt wird, halten wir nochmals an um Luft aus den Reifen zu lassen. 1,8 bar vorne und hinten sollten es sein. Damit hat man mehr Grip auf Schotterpisten. Die ersten 30 Kilometer laufen hervorragend, denn die Straße ist eine ebene, festgefahrene Erdpiste auf der man locker auf 90-95 km/h beschleunigen kann. Danach wird's ruppiger und der Belag wechselt immer wieder. Ganz übel sind die vielen Querrillen in der Fahrbahn und der teilweise tiefe Sand. Andere Fahrzeuge sieht man hier herzlich wenig. Das Wetter ist sonnig und die RN40 steigt weiter an bis auf eine Hochebene von 4400 Metern. Ab und an durchfahren wir ein kleineres Dorf und vorbei an großen Lamaherden. Auch kleinere Flüsse und Bachläufe müssen durchfahren werden.
Nach Mittag halten wir in einem kleinen Industrienest. Auch hier gibt's keine Übernachtungsmöglichkeit oder Tankstelle. Johann treibt irgendwo jeweils 5 Liter Benzin von Privat für jeden von uns auf. Der Ort hat auch einen kleinen Despensa, also einen Tante-Emma-Laden. UND einen Comedor, also ein kleines Essenslokal, wo die Industriearbeiter zu Mittag sitzen. Heute gibt es Suppe mit Fleischeinlage und Brot - besser als gar nichts!
Lange aufhalten können wir uns nicht, denn wir wollen vor Sonnenuntergang unser Tagesendziel, das Städtchen Susques erreichen. Nach weiteren Stunden Fahrt über Stock und Stein gelingt das auch gegen Abend. Das beste Hotel der Stadt, "Hotel El Cactus", hat grade noch 3 Zimmer frei - unsere! Und nach dem Abendessen fallen wir dann auch total kaputt und übermüdet in die Falle.

 

Montag, 11.12.2023 - Über Sand und Stein nach San Antonio de las Cobres (km 21420)

Die heutige Etappe auf der RN40 nach San Antonio de las Cobres ist nur 127 Kilometer lang. Dafür, so hat man uns gesagt, in schlechtem Zustand. Und das will etwas heißen hier. Nach dem Tanken und dem Auffüllen des Wasservorrats geht's auch schon los. Schon wenige Kilometer nach Susques bekommen wir die Straßenverhältnisse zu spüren. Die geschobene Trasse sieht von weitem gut befahrbar aus. Die Senken sind jedoch immer wieder knöcheltief (oder tiefer) mit Sandverwehungen durchsetzt. Und da durchzufahren macht nicht wirklich Spaß. Denn du verlierst immer wieder die Kontrolle über das Motorrad. Johann als erfahrener Offroad-Biker gibt nützliche Tipps: Geschwindigkeit 30-35 km/h, Spur suchen, Knie an den Tank pressen und mit leichter Beschleunigung durchziehen. Dabei Lenker locker halten, denn das Vorderrad sucht sich seinen Weg durch den Sand selbst. Auf keinen Fall langsamer werden, denn sonst sinkt die Karre ein.
Und wenn mal kein Sand auf der Piste liegt, dann ist der Belag mit ca. 10 cm tiefen Querrillen versetzt. Es ist, als fährt man auf einer Rüttelplatte oder einem Wellblech. Bei stundenlanger Fahrt führt das zu Verschleiß bei Mensch und Maschine - macht also überhaupt keinen Spaß. Erst recht nicht mit einer fast neuen Yamaha. Mir tut das Motorrad richtig leid. Mit einer alten, in die Jahre gekommenen Enduro, wäre das anders.
Unterwegs treffen wir auf einen jungen Argentinier, der ebenfalls (alleine) auf der RN40 mit seiner 500er Benelli (Straßenbereifung) unterwegs ist. Er will die RN40 von ganz oben bis nach Feuerland durchfahren - viel Spaß kann man da nur wünschen. Mit seinen Straßenreifen hat er öfters große Probleme auf dem sandigen Untergrund. Ein paar mal ist er ins Schleudern gekommen und im Sandbunker gelandet. Gut, daß er sich uns für heute angeschlossen hat. Denn wir helfen ihm öfters aus der Misere. Wirklich schlecht ist, daß man die sandigen Stellen oft nicht, oder erst zu spät sieht.
30 Kilometer vor unserem Tagesendziel fahren wir durch einen Canyon, an dessen Ende die große, stählerne Eisenbahnbrücke diesen "La Polvorilla" überquert. Über diese fahren nur noch die Touristenzüge "El Tren de las Nubes" - der Nebelzug. Ein solcher soll in einer halben Stunde angkommen, so ein englischer Tourist. Als der nach einer Stunde immer noch nicht da ist, fahren wir die 20 Kilometer weiter bis San Antonio de los Cobres, unser Ziel für heute. Und nach etwas Suchen haben wir mit dem Hotel Sumaq Sumay eine passable Unterkunft gefunden.
Meine Ernüchterung kommt dann am Abend beim Kette schmieren: durch die stundenlange Rüttelei hat sich der Schraubverschluß meines 50 Euro teuren Ersatzkanisters gelöst. Und der Kanister liegt jetzt irgendwo auf der Piste der letzten 127 Kilometer. Vielleicht hätte ich doch nicht als Letzter hinterherfahren sollen. Und auch den RAM-Mount des Navihalters hat es erwischt: die Kugel ist gebrochen.

 

Dienstag, 12.12.2023 - zurück nach Salta (km 21597)

Johann und Victor wollen heute Vormittag noch unbedingt den Abra del Acay bezwingen. Das ist mit 4953 Metern der höchste befahrbare Pass der Anden. Und der ist auch nur 43 Kilometer von hier entfernt. Aber die Straße dorthin soll noch schlechter sein als die von gestern. Und außer dem Höhenschild gibt's dort nichts zu sehen. Ich will mein Moped schonen und verzichte auf diese Trophäe. Für heute Vormittag trennen wir uns. Die beiden gehen Bergsteigen mit dem Motorrad und ich fahre schon mal vor nach Salta. Denn dort gibt's einen Yamaha-Händler mit Werkstatt. Mein erster Kettensatz muß dringend nach jetzt 21.000 km gewechselt werden. Bis Salta sind es nur 172 Kilometer auf der gut ausgebauten, asphaltierten RN51. Bevor es jedoch in großen, langgezogenen Kehren die Anden hinab geht, muß man noch den 4080 Meter hohen Pass Abra Blanca überqueren. Abwärts fährt man an farbenprächtigen, skurilen Felsformationen und Kakteenwäldern vorbei - die Fahrt ist bei dem schönen Wetter heute ein Genuß. Endlich mal wieder Asphalt unter den Rädern.
Zwei Stunden später beim Verlassen der Berge mache ich Rast an einer YPF-Tankstelle und bestelle einen Kaffee. Der Mitarbeiter will wissen, woher ich komme. Aus Alemania. Wenig später bringt er mir den Kaffee, auf dessen Schaum steht: "Guten Tag, I love Germany" - TOLL.
Kurz vor Mittag komme ich dann auch schon im Hotel Regidor, direkt am Plaza 9 de Julio, in Salta an. Das Hotel hat Victor noch heute früh für uns drei reserviert, und mit 20 Dollar anstatt 60 bei booking, einen top Preis bekommen. Nach dem Einchecken fahre ich gleich weiter zur Yamaha Vertretung. Ich komme gerade noch rechtzeitig an, denn die machen nachmittags zu. Und sie haben meinen Kettensatz da und bauen ihn bis morgen früh ein. Das nenn' ich mal "just in time". 125.000 Peso kostet der Spaß, also ca. 125 Euro. Günstiger als in Paraguay oder Brasilien. Ich lasse die Karre gleich stehen und gehe die 10 Blocks zu Fuß zum Hotel zurück.
Wenig später treffen auch meine Gipfelstürmer gesund und munter ein: die Routa 40 hat das gehalten, was wir heute früh von ihr erwartet haben - viel Sand und ruppiger Untergrund.
Mit gutem argentinischem Rindersteak und sehr gutem Wein lassen wir den Abend im Restaurant Dona Salta ausklingen.

 

Mittwoch, 13.12.2023 - Wieder in die Berge nach Cachi (km 21744)

Heute früh heißt es Abschied nehmen von Johann und Victor. Denn die müssen wieder zurück nach Asuncion in Paraguay. Ich jedoch will noch eine Etappe in die Berge starten. Das Ziel ist der Gebirgsort Cachi. Zunächst jedoch marschiere ich wieder die 10 Blocks zu meinem Yamaha Händler. Als ich ankomme ist der stark übergewichtige Monteuer fast fertig mit dem Ersetzen des Kettensatzes. Er muß nur noch das Schutzblech anschrauben. Der alte Kettensatz liegt auf der Werkbank und sieht nicht mehr wirklich gut aus. Der Monteur wäscht das Moped noch und füllt wieder Luft in die Reifen. Dann bezahle ich den Schaden in bar und fahre zurück zum Hotel um auszuchecken und das Moped aufzusatteln.
Und um 10 Uhr bin ich dann auch schon raus aus Salta Richtung Süden, nicht ohne den Tank randvoll zu füllen. 30 Kilometer weiter in El Carril biege ich nach Westen auf die RP33 ab. Die führt alsbald in die Berge. Weiter unten fährt man noch durch tropische Wälder. Die verschwinden nach und nach, je höher man kommt. Bei km 45 geht es steil bergauf. Ab hier bis km 59 ist die Straße unbefestigt, etwas ruppig, aber gut befahrbar - und kein Sand! Ganz oben am Paß ist sie dann wieder asphaltiert. 10 Kilometer vor Cachi, in Payogasta, kehre ich in einem sehr guten Comedor ein. Es gibt Fleisch mit Salat. eine Stunde später in Cahi fahre ich gleich die einzige örtliche Tankstelle an. Doch die Ernüchterung folgt: die haben kein Benzin mehr! Und neues gibt es erst morgen mittag! Mein Tank ist zwar noch gut halb voll, aber ob das morgen früh zurück reicht, weiß ich nicht. Und mein Ersatzkanister liegt 200 Kilometer nördlich von hier am Straßenrand der Routa 40. Jetzt hätte ich ihn brauchen können.
Untergekommen bin ich hier im "Hostal Camino de Inca". Ein Zimmer kostet nur 7 Euro. Parken kann ich die Yamaha gleich hinter der Rezeption. Da steht sie sicher und trocken. Cachi liegt auf 2280 Metern Höhe und ist die Hauptstadt des gleichnamigen Departamentos. Der Ort hat knapp über 2000 Einwohner. Auch hier wird, wie weiter südlich in Cafayate, Wein angebaut.

 

Donnerstag, 14.12.2023 - Wieder raus aus den Bergen (km 22283)

Das sicherlich spärliche Frühstück gibt's hier im Hospedaje El Aejüte erst um 8 Uhr früh. Das ist mir viel zu spät. Ich stehe um 5:45 Uhr auf und packe alles zusammen. Mein frühes Frühstück ist ein Apfel und ein Glas Wasser. Für das Schiebetor der Unterkunft habe ich einen Schlüssel. Und so komme ich Viertel vor 7 Uhr weg. Ich hoffe nur, mein Sprit reicht für die 120 Kilometer bis zur Kleinstadt El Carill, der nächsten Tankstelle. Zunächst muß aber der 1000 m höher liegende Paso de Fauna bezwungen werden. Ich fahre möglichst untertourig um Benzin zu sparen. Endlich oben angekommen zeigt die Tankuhr noch halb voll an - das sollte reichen. Denn von nun an geht's nur bergab. Zwischen km 59 und 42, wie gestern auch, auf unbefestigtem Untergrund.
Drei Stunden später laufe ich dann an der Tankstelle in El Carill ein. Die Tankuhr steht immer noch bei 2 von 6 Balken. Die XTZ 250 braucht also weniger sprit als gedacht - nur ca 3 Liter auf 100 km. Beachtlich wenig. Nur gut, daß alle Tankstellen hier ein angeschlossenes Cafe haben. Und so komme ich doch noch in den Genuß meines zweiten, größeren Frühstücks.
Nachdem ich jetzt fast alle machbaren Straßen rund um Salta abgefahren habe und nächste Woche einen Banktermin in Paraguay habe, beschließe ich, wieder die Rückfahrt dorthin anzutreten. Nicht ohne nochmals auf den Cerro San Bernardo in Salta hochzufahren. Das ist der Berg mit dem Aussichtspunkt östlich der Stadt. Vorige Woche als ich den zu Fuß rauf gelaufen bin, war das Wetter schlecht. Heute jedoch scheint die Mittagssonne auf "Salta, la Linda" - die schöne Stadt.
Hier war ich bestimmt nicht zum letzten Mal. Über die RN9 und die RN34 geht es wieder auf die RN16, immer Richtung Osten. Am Spätnachmittag muß ich auch noch ein mächtiges Gewitter in einer Tankstelle aussitzen, bevor ich mein Tagesendziel, die Stadt Monte Quemado, erreiche. Im etwas heruntergekommenen "Hotel 9 de Julio" komme ich für 6 Euro unter.

 

Freitag, 15.12.2023 - zweite Etappe zurück nach Paraguay (km 22871)

Eigentlich wollte ich um 6 Uhr los, bin aber erst 6:45 Uhr wach geworden. Auch heute verzeichte ich auf das Frühstück im Hotel und begnüge mich mit einer Banane. Und so komme ich um sieben Uhr weg. Immer weiter Richtung Osten Richtung Resistencia, vorbei an den riesigen Feldern und Wiesen, die erst hinter dem Horizont enden (oder auch nicht). Auf den Weiden und im Buschland grasen große Viehherden, weit gestreut. Wer die jemals wieder einfangen will, dem viel Spaß dabei.
Nur an einem Kreisverkehr muß ich anhalten und auf der Karte den richtigen Abzweig ermitteln. Ansonsten kann man sich nicht verfahren. Denn alle Nebenstraßen sind unbefestigt.
Nach einer Kaffeepause und zwei weiteren Tankstopps erreiche ich am Mittag die Großstadt Resistencia. Gleich hinter Resistencia führt eine große, in die Jahre gekommene Hängebrücke über den hier 2 km breiten Rio Parana nach Corrientes. Die muß ich mal überqueren, und gleich wieder zurück. Der Parana ist hier deshalb so breit, da 30 km weiter nördlich der Rio Paraguay in denselben mündet. Den Rio Paraguay will ich morgen 100 km nördlich von Resistencia mit der Fähre zurück nach Paraguay überqueren. Nur unweit der Fähre an der RN11 liegt das Städtchen "General Lucio Mansilla". Erst nach langem Suchen und Herumfragen finde ich eine schäbige Budo für 5000 Peso (5 Euro) zum Übernachten. Etwas anderes gibt es hier nicht. Die Bude ist nicht mal die 5000 wert. Aber was soll's. Es gibt nichts anderes. Auch ein vernünftiges Restaurant oder einen Comedor findet man in diesem Nest nicht. Da bleibt nur ein Hamburger mit Pommes im Shop der nahegelegenen YPF-Tankstelle.

 

 

Related posts

Schreibe hier deinen Kommentar

Danke! Dein Kommentar wird alsbald veröffentlicht.