World-Tour 2017 – China (Xinjiang)
Tag 60 – Montag, 16.10.2017 – Odyssee an der chinesischen Grenze
Um es vorwegzunehmen: es sollte eine 16-stündige, nicht endende Odyssee mit dem Grenzübertritt von Kirgistan nach China werden. Aber der Reihe nach. Am letzten Morgen in Kirgistan stehen, Brigitte, Yvonne, Beni und ich schon um 6:30 Uhr auf, packen alles zusammen und beladen die Mopeds bzw. das Auto. Zum Frühstück gibt’s den obligatorischen Milchreis mit Tee und Fladenbrot. Um 8:15 Uhr fahren wir dann los zur nur 6 km entfernten Grenze. Schon 3 km davor stauen sich die LKW’s. Die stehen bestimmt schon seit Freitag hier, da die Grenze am Samsatag und Sonntag geschlossen ist. Kein Problem für uns, an denen fahren wir vorbei. Die Kirgisen haben ihre Grenze schon offen und auch deren Abfertigung geht schnell und reibungslos: den bei der Einreise erhaltenen Zollschein abgeben und den Pass abstempeln lassen – das war’s. Zwei Kilometer weiter stehen wir dann vor einem geschlossenen Eisentor – die Chinesen schlafen noch. Und das obwohl es in China nur eine Zeitzone gibt, die Peking-Zeit. Und die ist drei Stunden voraus, die lokale Zeit hier jedoch nur eine Stunde. Ne Viertelstunde später hält ein alter Van hinter uns. Das sind Simon und Deveena aus England. Die haben an der Grenze genächtigt und sind auch Teil der “Crossing China” Gruppe. Punkt 9 Uhr lokaler Zeit (11 Uhr Peking) öffnet sich das Eisentor, wir zeigen unsere Pässe und dürfen bis zur Grenzabfertigungsanlage weiterfahren. Im Vergleich zu der kirgisischen ist die wesentlich größer und moderner (wie alles in China). Zunächst lassen uns die Beamten die Fahrzeuge in Reih und Glied abstellen und wir müssen in die Wartehalle UND sollen uns setzen, Stehen nicht erlaubt. Der dritte Biker im Bunde, Tamer aus England, stellt sich alsbald ein. Nacheinander müssen wir unser Gepäck abladen und es wird zunächst durch den Scanner geschleust um es hinterher genauer in Augenschein zu nehmen. Tamer und ich passieren diese Kontrolle recht schnell. Bei Beni dauert es ungewöhnlich lange. Er muss alles auspacken, öffnen und es den Beamten erklären. Grund dafür ist, daß ein Handscanner angeblich TNT in seinem Gepäck gefunden haben will. Aber auch er ist dann irgendwann mit dem Gepäck durch. Inzwischen sind auch die weiteren sechs Auto’s der “Crossing China” Gruppe an der Grenze eingetroffen. Es sind Hugo und Emeline aus Frankreich, Bernhard und Katja aus der Steiermark, Thomas und Christian aus Lichtenstein/Wien, die Franzosen Jordan und Simon sowie Christophe und Camille.
Ne weitere Stunde später sind auch die mit der Gepäckkontrolle fertig und es sollen noch die Fahrzeuge kontrolliert werden. Für diese Kontrolle will man von jedem Fahrzeug nochmals 5 Dollar extra bezahlt haben. Als wir hierfür ne Quittung verlangen um das Geld wieder von der Reiseagentur zu bekommen werden die Chinesen komisch und stellen auf stur. Das Ergebnis: Die machen jetzt erstmal zwei Stunden Mittagspause, schließen alles ab und wir müssen draußen warten. Währenddessen ist auch unser chinesischer Guide eingetroffen. Der soll uns von der Grenze abholen und in die nächste Großstadt Kashgar bringen. Nach Mittag gehen die Verhandlungen weiter bzgl. der Quittung. Irgendwann bekommen wir dann doch eine aber es kostet keine 5 Dollar mehr sondern acht. Endlich beginnt dann das Scannen der Fahrzeuge. Dafür haben die Chinesen eine eigene 50 Meter lange Halle gebaut in der man mittig das Fahrzeug parkt und die Halle verlässt. Anschließend fahren zwei Scanner auf Schienen rechts und links der Fahrzeuge vorbei um diese zu kontrollieren. Unter Sirenengeheul dauert die Untersuchung etwa 3-5 Minuten. Anschließend kann man wieder das Fahrzeug aus der Halle herausfahren. Nach ner Stunde sind die drei Motorräder und sieben Autos gecheckt und wir warten draußen auf die Freigabe. Die Autos bekommen die Freigabe aber die drei Motorräder nichct. Da hat was mit dem Scanner nicht gestimmt. Also nochmals ne Runde um die Halle drehen und alle drei Mopeds hintereinander, Rad an Rad zwischen den Scannern abstellen. Unter lautem Gehupe fährt der Scanner die Bikes ab und die Lampe leuchtet grün auf. Wir fahren wieder raus und warten noch ne halbe Stunde. Unser chinesicher Guide kommt um uns mitzuteilen daß das Durchleuchten wieder nicht funktioniert hat, warum weiß er nicht. Also das ganze nochmal. Wir sollen draußen vor der Halle auf einem grobgeschotterten Parkplatz warten den die LKW’s schon gut bearbeitet haben. Wenn ich da reinfahre deute ich dem chinesichen Beamten an, dann komme ich nicht mehr raus. Der wird wütend und brüllt mir irgendwas chinesisches ins Gesicht. Dann nimmt er mir den Pass ab. Das ist schlecht. Dann fahre ich halt doch auf den Parkplatz und bleibe prompt stecken. Beni und Tamer schieben mich wieder raus aus dem Schotter als wir zum dritten Mal dran sind am Scanner. Diesmal scannen sie uns einzeln. Beni und ich kommen jetzt definitiv durch, Tamer erst beim 4. Versuch.
Bis wir dann endlich den Grenzbereich verlassen dürfen ist es halb sechs Abends und es wird bald dunkel. Das war es aber noch nicht mit den Formalitäten heute. 142 km weiter ist die eigentliche, größere Grenzanlage. Da müssen wir heute die Fahrzeuge über Nacht abstellen. Das einzig gute heute sind die Straßen, die sind wirklich in sehr gutem Zustand. Und außer ner Mautstelle und einem weiteren Checkpoint mit Passkontrolle verläuft die erste Fahrt in China reibungslos. Vor dem zweiten Immigration Gebäusde stellen wir die Fahrzeuge ab um uns den Stempel im Pass zu holen. Lautes Reden während der Passkontrolle ist verboten, nur flüstern erlaubt. Und das obwohl wir die einzigen in der Halle sind. Bis wir die Halle verlassen ist es längst dunkel. Eigentlich war geplant daß uns ein Bus hier abholt und die 90 km nach Kashgar in ein Hotel fährt um morgen früh wieder hierher zurückzukommen für den Fahrzeugcheck. Aber dafür ist es zu spät. Und unser Guide hat auch keinen Plan. Er hat keine Ahnung ob und wo es hier ne Unterkunft gibt. Aber wir müssen das Zollgebäude verlassen. Draußen ist es stockdunkel und wir irren mit Sack und Pack durch das Immigration-Gelände bis wir endlich den Ausgang finden. Derweil versucht der Fahrer des Guides ein Hotel zu finden. Nach nun 14 Stunden auf den Beinen und unzähligen Paß- und Sicherheitskontrollen stehen wir draußen in der Kälte bei Nacht und sind zusehends schlechter gelaunt. Bernhard der Österreicher hat noch ne Flasche Vodka aus Kirgistan die die Runde macht. 17 meist junge Leute kurz vor Mitternacht , laut diskutierend und schlecht gelaunt auf menschenleeren chinesischen Straßen sorgt natürlich für Aufsehen. Da dauert es natürlich nicht lange bis gleich drei Streifenwagen auftauchen, die Polizisten mit Schilder und Schlagstöcken bewaffnet. Doch noch ist alles friedlich und nachdem der Guide den Beamten die Situation erkärt tut sich einer von denen hilfreich hervor und managed ein Hotel für uns. Nur wie hinkommen? Auch das kein Problem. Wir fahren in den Streifenwagen mit. Die wollen uns einfach von der Straße weghaben. Im Hotel angekommen große Verwirrung. Erst Gepäck- und Ausweiskontrolle aber kein Einchecken. Auf einmal will die Polizei daß wir mit auf die Wache kommen um die Personalien festzuhalten. Also raus aus dem Hotel, rein in die Streifenwagen und ab auf’s Revier. Anschließend wieder zurück aber diesmal in ein anderes Hotel. Bis wir dort durch den Sicherheitscheck sind und endlich die Zimmer haben ist es zwei Uhr nachts.
GUTE NACHT CHINA !
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Tag 61 - Dienstag, 17.10.2017 - Odyssee 2. Teil
Nach 5 Stunden Schlaf heißt es für die "Crossing China" Truppe wieder raus aus den Federn. Frühstück gibt's im anderen Gebäude des Hotels gegenüber in einem riesigen Saal der einer Abflughalle gleicht. Unser Guide ist von einer anderen Agentur als die bei der wir gebucht haben und hat keine Ahnung wie es weitergeht. Unsere eigentlichen Guides dürfen sich in dieser Gegend nicht aufhalten.
Nach dem Frühstück geht's wieder zurück zur Immigration zu unseren Fahrzeugen mit Taxi's. Die Formalitäten für die Fahrzeuge sind schnell erledigt. Jetzt nur nochmal durch den Scanner, nein, nicht schon wieder! Wir stellen die Fahrzeuge in Reih und Glied vor die Scan-Halle. Das Problem ist nur daß diese abgeschlossen ist und man sagt uns vor 14 Uhr heute Nachmittag wird nicht aufgemacht. Also nochmals 4 Stunden Warten angesagt. Da hätten wir die Nacht heute früh nicht bei Dunkelheit nach fünf Stunden Schlaf beenden müssen. Also machen wir aus der Not eine Tugend. Die Camper packen Stühle, Tische und Kocher aus und es wird gepicknickt. Gute Gelegenheit sich mal näher kennenzulernen. Aber auchz ein Picknick ist irgendwann mal vorbei und die Zeit verstreicht überhaupt nicht. Wenigstens ist schönes Wetter und es ist einigermaßen warm. Und die Franzosen haben mir ein neues Kartenspiel beigebracht: Bellot, oder so ähnlich. Das haben wir 2 Stunden lang auf der Motorhaube ihres Campers gespielt. Viertel vor zwei packen wir alles wieder ein und warten ungeduldig auf das Öffnen des Hallentors. Nur, es tut sich nichts. Auch eine Stunde später nicht und zwei Stunden später. Die Chinesen lassen uns schmoren - absichtlich! Nur um zu zeigen wer hier der Stärkere ist. Und so warten wir, und warten, und warten ...
Gegen 16:30 Uhr als wir uns schon mit ner weiteren Nacht hier abgefunden haben kommt unser Guide ganz aufgeregt angelaufen. "Schnell zusammenpacken und losfahren, das Scannen ist nicht mehr erforderlich". Wie bitte? Und für was haben wir hier den ganzen Tag gewartet? Das war also nur reine Schikane der Chinesen um uns einen Urlaubstag zu stehlen. Trotzdem DANKE ihr Chiinesen daß wir einen ganzen Tag auf dem Gelände eurer Zollabfertigung campieren durften. Keine zehn Minuten später fahren wir los auf die Autobahn in Richtung Kashgar. Aber schon nach 10 Kilometern werden wir durch einen Polizeicheckpoint jäh abgebremst. Alle wieder raus aus den Fahrzeugen und zur Passkontrolle. Und wieder vergeht eine unnütze Dreiviertelstunde. Als wir dann im Hotel in Kashgar ankommen ist es wieder dunkel wie gestern. Dafür wartet schon unser eigentlicher Reiseleiter Shang auf uns. Der kommt gerade recht um mal richtig Luft abzulassen über die vergangenen zwei Tage. Bis wir alle Einzelheiten über die weitere Reise geklärt haben, geduscht und umgezogen sind, ist es schon so spät daß alle Restaurants geschlossen haben. Shang bestellt uns Essen und Bier von einem Lieferservice und wir achen ne spontane Party in der Lobby des Hotels.
Bin jetzt schon zum 5. Mal ich China, habe ich aber nie dermaßen aufgeregt über die blöden Chinesen wie gestern und heute. Habe mir vorgenommen daß dies mein letzter Besuch im "Reich der Mitte" sein wird.
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Tag 62 - Mittwoch, 18.10.2017 - 4 x Sch..ßchinesen = 1 x Unfall
Nach dem Frühstück müssen die Fahrer der Camper und Motorräder etwa 50 km nördlich aus Kashgar herausfahren zur Zulassungsstelle. Dort sollen wir unseren chinesischen Führerschein und das Nummernschild für's Motorrad bekommen. Shang hat die Dokumente schon vorbereitet. Es müssen nur die Fahrgestell-Nummern eingetragen werden. Dazu wird ein Aufkleber auf die Nummer gelegt und diese "durchgerubbelt". Anschließend kommt der Kleber auf's Dokument. Der Verkehrssicherheitscheck der Fahrzeuge beschränkt sich auf die Funktion des Blinkers. Nicht mal das wichtigste Instrument in Asien, die Hupe, wird kontrolliert. Nachdem alle durch sind damit verlassen wir das Gelände uns sollen vorn auf der Straße warten, warten, und warten ... bis die Nummernschilder fertig sind. Nach zwei Stunden heißt es dann, die Schilder werden ins Hotel geliefert! Toll! Wieder umsonst gewartet. Ich brauen dringend Sprit für's Moped. Den zu bekommen ist aber für Zweiräder hier sehr schwierig. Nicht daß es keinen gibt, sondern wegen des Konflikts mit den Uriguren (hiesige Bevölkerung) und eines Kongresses in Peking wurde verboten Sprit an Zweiräder zu verkaufen. Erst recht nicht kanisterweise. Die denken wohl daß die Leute daraus Molotowcocktails basteln. Die Tankstellen sind alle samt gut bewacht und abgesperrt. Sie dürfen nur immer von einem Fahrzeug befahren werden. Nach langem Verhandeln bekommen wir dann doch Benzin für die Mopeds und nicht nur Diesel für die anderen Fahrzeuge. Die freundliche Tankwartin füllt sogar unsere Ersatzkanister. Nach Mittag sind wir dann endlich wieder zurück in Kashgar und haben jetzt (hoffentlich) alle Formalitäten und Bürokratieen für das eigenständige Fahren in China erledigt. Jetzt brauchen wir nur noch lokale SIM-Karten damit wir uns verständigen können. Aber auch das dauert Stunden. Und zu allem Überfluss ist jetzt auch noch ne Militärparade direkt vor dem Hotel. Und die Straße ist gesperrt sodass wir wieder erst am Spätnachmittag wegkommen um unser nächstes Ziel die Stadt Yecheng zu erreichen.
Und nun zum Unfall
Im Nachhinein waren es vier Ursachen die dazu geführt haben daß mich ein Chinese von hinten abgeschossen hat.
Ursache 1:
Durch die Willkür der Chinesen sitzen wir seit drei Tagen nur herum und warten daß etwas passiert. Entweder es passiert nichts oder erst am Spätnachmittag sodaß wir immer gezwungen sind in die Nacht hineinzufahren. Und nachts fahre ich nicht gern Motorrad, schon gar nicht in fremden Ländern.
Ursache 2:
An einer Raststätte mit riesiger Videoleinwand sperrt die Polizei den kompletten Highway ab. Alle Autos müssen halten. Und das nur weil wegen des Kongresses das Staatsoberhaupt eine wichtige Rede hält die live übertragen wird. Und jeder MUSS die sehen. Infolgedesseb gibt es nach der Rede und Freigabe des Highways Staus und Kolonnenverkehr bei Dunkelheit. Wäre auch nicht so schlimm würde nicht die Polizei 50 km weit voraus fahren und den Verkehr auf 60 km/h beschränken. D.h. von hinten drängen die ungeduldigen Fahrer nach vorn und überholen sehr riskant.
Ursache 3:
Mitten im Kolonnenverkehr bei Nacht drückt ein idiotischer LKW Fahrer seinen Truck aus einer unbefestigten Seitenstraße direkt in den Verkehr ohne Rücksicht auf Verluste. Das führt natürlich zu Vollbremsungen der Fahrzeuge vor mir. Auch der hinter mir fahrende Tamir mit seiner GS 1200 kann noch rechtzeitig bremsen.
Ursache 4:
Alle bremsen, einer gibt Gas. Das kann nicht gut gehen: der hinter Tamir fahrende dämliche Chinese denkt sich wohl wenn alle bremsen kann ich locker vorbeiziehen um zu überholen. Erst nachdem er an Tamir vorbei ist erkennt er die Gefahr und bremst. Ich höre hinter mir nur noch die Bremsen quietschen, dann kracht es. Mit seiner rechten Vorderseite des Autos reißt er einen linken Koffer ab, zieht weiter nach links über die Gegenfahrbahn und die Böschung hinunter. Ich kann die Bayerin grade so halten und komme nicht zu Fall.
Schadensanalyse:
- den Kofferträger hat es total verbogen und deformiert
- der linke Aluhalter für die hintere Fußraste an der der Kofferträger festgeschraubt ist, ist gebrochen
- die hintere Radabdeckung ist (wieder mal) zerfetzt. Diesmal endgültig
- die Halter des linken Koffers sind deformiert
- die linke Seitenverkleidung ist total verkratzt
Das Gute daran ist, daß wohl die beiden Räder und der Rahmen nichts abbekommen haben und das Motorrad mit allen Funktionen fahrbereit ist. Außer ner leichten Beckenprellung auf der linken Seite ist mir nichts passiert. Den Chinesen im anderen Auto ist nichts passiert. Deren Karre hat aber einiges abbekommen. Die stehen schnell da und wollen die Sache mit 200 Yuan besiegeln (25 Euro). Das ist ja wohl ein Witz. Unser Guide Shang verhandelt und übersetzt. Irgendwann sind die dann bei 400 Yuan, mehr haben sie nicht dabei. Ich mache denen klar, daß die Ersatzteile in Deutschland allein schon 500 Euro kosten. Also wird die Polizei gerufen. Die rasen den ganzen Tag durch die Gegend aber wenn man sie braucht sind sie nicht hier. Erst nach ner halben Stunde kommen sie angebraust mit mehreren Wagen und steigen gleich 12 Mann stark aus. Die Schuldfrage ist schnell geklärt denn die Beweislast ist groß. Der hinter mir fahrende Tamir hat alles auf Video aufgezeichnet. Die Bullen nehmen die Personalien auf und verständigen die Versicherung. Irgendwann später trifft ein junger Versicherungsfritze ein und wenig später sein Boss. Es wird noch weiter 2 Stunden diskutiert bevor wir mit Polizeieskorte in ein Hotel in die Provinzstadt Yarkand gebracht werden. Die Spitze des Eisberges des Geschehenen aber hat der vor mir fahrende Lichtensteiner Thomas gebracht. Den hat das alles nicht interessiert. Der wollte mich dafür verantwortlich machen daß er nicht rechtzeitig ins Bett kam. Bei 10 Fahrzeugen und 17 Personen in einer Reisegruppe ist halt immer ein A...l... dabei. Das sollte sich im weiteren Verlauf der Reise bestätigen.
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Tag 63 - Donnerstag, 19.10.2017 - Polizei-, Versicherungs- und Werkstatttag
10 Uhr Peking Zeit: Ich werde von der Polizei mit zwei Streifenwagen abgeholt und fahre mit Blaulicht mit der BMW aufs Revier. Rote Ampeln gibt' da nicht.
11 Uhr: Unter Polizeibegleitung zur Versicherung und Schadensaufnahme bei Tageslicht. Es ist schnell klar daß die Versicherungssume von 2000 Yuan (250 Euro) überschritten ist. Alles was mehr kostet muss der Unfallverursacher bezahlen.
12 Uhr: Fahrt unter Polizeieskorte zur besten Werkstatt in der Stadt. Bis die jedoch ihr Werkzeug zusammengetragen haben habe ich die Bayerin schon halb mit dem Bordwerkzeug zerlegt. Aber die Chinesen wollen mich nicht mitarbeien lassen. Ich sage ihnen noch daß sie den Kofferträger abschrauben sollen um dann die Einzelteile zu erhitzen und wieder in die ursprüngliche Stellung zu bringen. Dann fahre ich mit Shang zurück ins Hotel um die anderen zu treffen. Der Österreicher Bernhard von unserer Gruppe ist Schweißermeister. Er bietet sich an die Sache in die Hand zu nehmen. Er hat sogar eigene Schweißstäbe und Handschuhe dabei, nur ein Schweißgerät nicht. Wieder in der Werkstatt haben die Chinesen den Kofferträger außerhalb des Mopeds zusammengeschraubt und hämmern wie wild drauf herum - so wird das nichts!!! Nachdem die Werkstatt dann doch irgendwann einen Schweißbrenner besorgt hat macht sich Bernhard ans Werk und richtet die Sache professionell. Die anderen unserer Gruppe treffen wenig später ein und jeder hilft mit das Moped wieder flott zu machen. Also ihr Chinesen, wenn ihr gedacht habt daß ihr durch eure Bürokratie und Schikane uns einzuschüchtern oder gar zu entzweien habt ihr damit genau das Gegenteil erreicht. Denn spätestens seit heute sind wir eine eingeschworene Gruppe, EIN TEAM !!! Mal abgesehen von Thomas.
Leider hat auf einmal seit heute der Schweizer Beni mit seiner nagelneuen F800 GS ein Problem. Die läuft nur noch auf Notprogramm. Parallel zu meiner Reparatur wird die Benzinpumpe an seiner GS getauscht was leider nichts bringt. Shang organisiert einen Truck für heute Abend. Der soll das Moped und Beni in die nächste größere Stadt Hotan, was auch unser nächstes Ziel ist, bringen.
Als ich am Spätnachmittag dann die Werkstatthalle auf der BMW fahrend verlasse, wartet die Gruppe schon draußen und jubelt mir zu. Die Polizei ist auch schon da und mein persönlicher Polizist der mich seit gestern Abend begleitet hat hält ein Ansprache. Ein Pressefotograf der Polizei macht kräftig Bilder. Ich muss noch ein Papier unterschreiben daß ich mit der Arbeit der Polizei zufrieden war. Die haben sich gut um mich gekümmert. Bin wohl unfreiwillig ein Instrument der chinesischen Propaganda geworden und komme vermutlich mit Bild morgen in der hiesigen Presse.
Überall wo wir hinkommen wollen uns die Chinesen loshaben. So auch hier. Wir werden mit der Polizeieskorte vor die Stadt gebracht und verabschiedet. Natürlich macht von diesem Auszug aus der Stadt der Pressefotograf viele Aufnahmen.
Weiter als 50-70 km kommen wir heute nicht mehr. Draußen in der Pampa abseits der Hauptstraße schlagen wir ein Campinglager auf. Die Autos werden zu ner Wagenburg zusammengefahren und in der Mitte ein großes Feuer gemacht. Denn nachts ist es sehr kalt hier.
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Tag 64 - Freitag, 20.10.2017 - Weiter nach Hotan
Nach einem kurzen Frühstück bauen wir die Zelte und das Lager morgens um neun Uhr ab und machen uns auf den Weg nach Hotan. Was man den Chinesen lassen muss ist, daß sie echt gute Straßen bauen. Die Rüttelei der vergangenen Wochen sollte hoffentlich jetzt ein Ende haben. Unser Tagesziel ist die Stadt Hotan am südwestlichen Zipfel der Taklamakan Wüste. Bis dahin sind es gute 200 km durch grade diese Wüste. Nachdem ich sie schon fast vermisst habe in Ostusbekistan und in Kirgistan haben wir sie jetzt wieder, die vielen Kamele am Straßenrand. Also wieder Obacht geben angesagt. In dieser westlichsten chinesischen Provinz lebt das Volk der Uriguren. Das sind eigentlich keine Chinesen sondern eher ein türkisches Volk die gerne mehr Unabhängigkeit hätten. Deshalb haben die Chinesen hier ein großes Milität- und Polizeiaufgebot in und außerhalb der Städte. Auf der recht kurzen Strecke nach Hotan müssen wir drei Checkpoints mit Passkontrolle durchqueren. Das kostet Zeit. Am ersten Checkpoint versucht unser Franzose Hugo seine Schuhe mit denen eines Polizisten zu tauschen. Aber die Größe stimmt nicht. Wir sind heute mit dem zweiten Guide Kiven unterwegs da unser Hauptreiseleiter Shang schon gestern Nacht mit Beni und dessen Motorrad auf einem LKW nach Hotan vorgefahren sind. Unterwegs bekommen wir die schlechte Nachricht daß es noch nicht gelungen ist, den Fehler an seinem Motorrad zu finden. Also fahren wir alle erstmal in Hotan die Werkstatt an. Um Zeit zu sparen und möglichst schnell wieder von hier wegzukommen bilden wir drei Gruppen. Die Werkstatt versucht mit Beni und Shang (zum Übersetzen) weiter den Fehler am Moped zu finden. Der zweite Guide fährt mit Bernhard die Stadt ab um einen Anhänger aufzutreiben auf dem wir das Motorrad zur nächstgrößeren Stadt transportieren können wo es ggf. einen BMW-Händler mit mehr Know-How gibt. Ich versuche aus dem Internet ne Diagnose-Software für seine F800 GS herunterzuladen. Denn die Werkstätten hier haben zwar schon das genormte Diagnose-Kabel aber eben keine passende Software für Motorräder. Das einzige was sie auslesen konnten war, daß es sich um eine BMW handelt. Aber das steht ja schon auf dem Typschild. Leider war ich nicht erfolgreich denn die Software gibt es nur zusammen mit dem Stecker per Versand. Bis zum Abend konnte auch der Fehler an Beni's Maschine nicht gefunden werden. Einzig Bernhard war erfolgreich mit der Suche nach nem Trailer. Der Anhänger kostet 150 Euro und müsste noch etwas umgebaut werden da die Anhängkupplung nicht passt. Das wäre ein Aufgabe für morgen Vormittag. Die Nacht verbringen wir hier in Hotan im Yuzhou Century Hotel. Am Abend fallen wir dann noch 14 Mann stark in einem chinesischen Restaurant ein, einzig die beiden "Eigenbrödler" Thomas und Christian sind nicht mit dabei.
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Tag 65 - Samstag, 21.10.2017 - Hotan
Heute müssen Entscheidungen fallen. Wie geht es weiter mit Beni's Motorrad? Wir bilden zwei Gruppen. Bernhard unser Schweißermeister kümmert sich um den Anhänger auf dem die F800 transportiert werden soll. Er nimmt die Franzosen Simon, Jordan und Christophe mit. An deren Camper ist ne Anhängerkupplung. Die passt jedoch nicht zum chinesischen Anhänger. Den Umbau soll Bernhard erledigen. Ich fahre mit Beni zur Werkstatt wo sein Moped steht. Heute früh soll nochmal ne neue Benzinpumpe kommen und getestet werden. Ich sage den Jungs aus der Werkstatt sie sollen auch mal die Einspritznadeln abbauen um zu sehen ob überhaupt Sprit ankommt. Mit der neuen Pumpe kommt tatsächlich Sprit an aber die Karre läuft nicht. Auch die Zündung sollte funktionieren - wir sind ratlos. Mittlerweile hat untser Guide Shang der ständig am Telefon hängt herausgefunden, daß von hier doch ein Zug zur Großstadt Xian fährt wo es einen BMW Händler gibt. Also Kommando zurück mit dem Anhänger, das Moped wird morgen früh mit Beni nach Xian im Zug gefahren. Bis die ganze Sache endlich über die Bühne ist, ist es schon drei Uhr nachmittags. Jetzt nur noch schnell alle volltanken und dann ab nach Norden Richtung Taklamakan Wüste. Die wollen wir durchqueren. Unsere sieben Autos fahren sämtlich mit Diesel. Die Tankstellen hier sind hermetisch abgeriegelt. Die dürfen (warum auch immer) nur einzeln befahren werden: Schiebetor auf, Nagelstreifen weg, dann kann man reinfahren. Für unsere Diesel alles kein Problem. Nur ist diese Woche irgendein wichtiger Kongress in China und da hat die Regierung beschlossen, daß währenddessen die Motorräder keine Sprit bekommen. Die erste Tankstelle stellt sich stur. Tamir und ich stehen 20 Minuten davor und blockieren den Zugang für andere Fahrzeuge - nichts zu machen! Die lassen uns nicht rein. War es in Usbekistan noch so, daß Benzin überhaupt Mangelware ist und man deshalb nicht ran kommt ist es hier im Überfluss vorhanden und wir bekommen trotzdem keines. Also weiter zur nächsten Tankstelle. Die ist gleich hinter einem der vielen Polizei Checkpoints. Mithilfe der netten Beamten und dem Vorzeigen von Pass, chinesischem Führerschein und Nummernschild bekommen wir doch den Tank gefüllt, allerdings nicht die Ersatzkanister. Inzwischen ist es halb sechs nachmittags und wir sind immer noch in Hotan. Wie schon gestern besteht die Polizei auch hier darauf uns aus der Stadt zu eskortieren. Auch die wollen uns "Aliens" loshaben. Die geplanten 300 km schaffen wir heute nicht mehr da es bald dunkel wird. 80 km nördlich von Hotan zweigen wir vom Highway in eine Nebenstraße ab um eine Wagenburg zum Campen zu errichten. Inmitten wird ein Feuer gemacht und zusammen gekocht, gegessen und Bier getrunken - einen Tost auf Beni. Das Feuer wärmt gut auf denn die Nächte in der Wüste sind kalt.
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Tag 66 - Sonntag, 22.10.2017 - Durch die Taklamakan Wüste
Heute heißt es im Morgengrauen aufstehen denn eine Tagesetappe von 400-500 km steht bevor. Die Fahrt führt schnurstraks geradeaus Richtung Norden. Links und rechts der Straße türmen sich die Sanddünen haushoch. Immerhin ist die Taklamakan nach der Tub al-Chali (nicht Sahara) die zweitgrößte Sanwüste der Erde (228990 km2). Nach gut 100 km der erste Polzeicheckpoint heute. Bei mir dauert's besonders lange da die Chinesen meinen Führerschein und Nummernschild verschlampt haben. Gleich dahinter ne Tankstelle. Auch hier dasselbe Spiel wie gestern. Nur mit Vermittlung der Polizei dürfen wir Mopedfahrer Sprit bekommen. Das kuriose dabei ist, daß wir rückwärts in die Tankstelle einfahren müssen damit die Kamera das Nummernschild erkennt. Das gelingt erst beim dritten Versuch als die freundliche Frauenstimme aus dem Automat dies bestätigt. Auch hier dürfen wir die Ersatzkanister nicht füllen. Weiter 200 km später an der nächsten Tanke ist alles etwas lockerer aber auch hier nur Benzin in den Tank. Also lasse ich nach dem Tanken den Sprit aus der Bayerin in die Ersatzkanister ab und fahre nach dem Mittagessen nochmals rein um nachzutanken. Dem verdutzten Tankwart erkläre ich daß er vorhin nur halb voll getankt hat und jetzt bitte endlich richtig volltanken soll - das macht der dann auch. Am Abend haben wir das nördliche Ende der Taklamakan erreicht und schlagen wieder unser Lager unweit des Highways auf. Heute gibt es Lammkeulen die Tamir unterwegs gekauft hat und hinten auf seine GS gespannt hat. Jedenfalls genug um 16 hungrige Mäuler zu stopfen. Für die leckeren Beilagen sorgt wie jeden Abend unsere französische Köchin Emeline.
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Tag 67 - Montag, 23.10.2017 - Weiter Richtung Karlo
Irgendwie sind wir ne Chaotentruppe. Ständig unplanmäßeige Vorfälle, Unfälle und Reparaturen. Gestern ist am Land Rover von Hugo und Emeline ein Stabilisator an der Lenkung gebrochen. Schneller als 50 km/h können die nicht mehr fahren. Sprich das muß heute repariert werden. Also stehen die früher auf als wir anderen und nehmen noch Bernhard den Schweißermeister mit bis zur nächsten Stadt um ne Werkstatt zu finden. Wir restlichen teilen uns später in zwei Gruppen auf. Simon und Thomas holen unseren Reiseleiter Shang in Lintal vom Bahnhof ab. Der hatte bis gestern noch Beni's Transport mit dessebn Motorrad gemanaged und stößt heute wieder zu uns. Wir anderen fahren einstweilen voraus. Vorher müssen wir Mopedfahrer jedoch noch tanken. Und das ist wie bereits erwähnt in der Provinz Xinjiang schwierig. Ne Tankstelle finden wir gleich nach dem ersten Checkpoint der Polizei. Die wollen uns aber keine Sprit geben. Also gehen wir zurück zum Checkpoint und fragen höflich nen Polizisten ob er uns hilft. Und tatsächlich erklärt er sich dazu bereit. Sprit bekommen wir jedoch nicht hier sondern an der Tanke auf der anderen Seite der Autobahn. Durch ne schmale Öffnung an den Leitplanke (für Fussgänger gedacht) kommen wir sogar direkt rüber ohne Umweg. In die Tankstelle reinfahren dürfen wir aber nicht sondern müssen das Benzin in einer Metall Gießkanne 10-literweise von der Zapfsäule holen und hinaustragen - die spinnen, die Chinesen. 100 km weiter am nächsten Checkpoint wollen die nicht nur den Pass, Plakette und den Führerschein sehen sondern wir müssen uns auch noch an die Wand stellen und werden abgelichtet wie Schwerverbrecher. Anschließend warten wir auf einem Parkplatz auf die anderen gute zwei Stunden. Wie sich herausgestellt hat wurden die beim Einkaufen von der Polizei aufgegriffen und auf's Revier gebracht nur weil sie ihren Reisepass nicht dabei hatten. Nach ner Stunde durfte sie dann wieder gehen. Die gute Nachricht ist, daß Hugo's Auto repariert werden konnte und er jetzt wieder schnell fahren kann. Bis zum Tagesziel dem Bosten-See haben wir es nicht ganz geschafft. Wir campen halt irgendwo in der Pampa, machen wie immer ein großes Feuer und grillen das gekaufte Rindfleich.
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Tag 68 - Dienstag, 24.10.2017 - Von Karlo nach Turpan
Um unser heutiges Ziel die Stadt Turpan zu erreichen müssen wir 500 km abfahren. 9 Uhr Peking Zeit ist Abfahrt. Unsere Extrawurst Thomas fährt schon ne halbe Stunde früher los. Bis Turpan müssen wir drei Checkpoints passieren an denen Pass, Führerschei und Plakette kontrolliert werden - das kostet Zeit. Was noch mehr Zeit kostet ist wieder mal das Tanken der Mopeds. Unser Guide Shang muß seinen Personalausweis an den Leser der Zapfsäule halten damit wir Sprit bekommen. Nicht aber direkt in den Tank, denn die Motorräder müssen wie immer draußen bleiben. Sondern in deinen großen Teekessel mit 8 Litern Inhalt. Der wird dann rausgetragen und mit nem Trichter die Tanks befüllt. Das wiederum hat den Vorteil daß wir auch die Ersatzkanister betanken können, was normalerweise überhaupt nicht erlaubt ist.
Die Fahrt führt durch ein Gebirge das eher einer Mondlandschaft gleicht. Ich glaube heute ist der erste Tag in China ohne besondere Vorkommnisse. Abends um sieben sind wir dann in Turpan und checken im Dap Youth Hostel ein. Ausklang dann in einem chinesischen Restaurant (ohne Thomas versteht sich).
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Tag 69 - Mittwoch, 25.10.2017 - Yar City
Nach über einer Woche in China steht heute zum ersten Mal eine Besichtigung an: die alte Stadt Yar City gleich hinter Turpan. Die Ruinen von Yar City sind eine der ältesten (200 v.Chr.), größten und am besten erhaltenen antiken Städte der Welt und gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Stadt an der Seidenstraße war früher mal der Sitz der Tang Dynastie. Aber außer Ruinen und verfallenen Häusern nicht viel zu sehen. Ein etwas lebloser Ort. Ansonsten gibt es heute nicht viel zu berichten. Wir sind auf der Autoban G30 etwa 300 km nach Osten Richtung Hami gefahren. Die Chinesen verlangen auch nicht grade wenig Mautgebühren für ihre Autobahnen, ausgenommen für Motorräder. Die sind frei. Tanken für uns Biker wie in den vergangenen Tagen mit der Teekanne. Und am Spätnachmittag runter vom Highway und ab in die Pampa zum Campen und Zelten.
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