Südamerika 2023 – Brasilien
Dienstag, 26.12.2023 – Auf nach Brasilien (km 23776)
Nachdem es gestern Nachmittag endlich aufgehört hat zu regnen, kann ich heute die Brasilienrundfahrt starten. Die Grenze will ich in Ciudad del Este überqueren. Bis dorthin sind es etwa 200 Kilometer – also keine Stressfahrt heute. Vorher mache ich noch einen Abstecher zum ITAIPU Staudamm, dem leistungsstärksten Wasserkraftwerk der Welt. Der riegelt den jGrenzfluss Rio Parana zwischen Paraguay und Brasilien ab. Die paraguayischen Grenzformalitäten gehen schnell. Danach fährt man über die notorisch überlastete, nur zweispurige Brücke des Parana zum anderen Ufer in Brasilien. Dort sind längere Wartezeiten einzuplanen. Aber irgendwann habe ich auch den brasilianischen Stempel im Pass und fahre in die Grenzstadt Foz do Iguazu hinein, direkt zu einem Yamaha Händler. Adriana und Rudies kennen mich noch und machen mir erstmal ne Kaffee. Ich lasse hier die Zündkerze wechseln, sowie den Kupplungshebel und den linken Außenspiegel. Denn die wurden voriges Jahr in Bolivien bei einem Unfall beschädigt. Dem Rest des Nachmittags verbringe ich in der Innenstadt von Foz.
Brasilien ist wesentlich moderner, sauberer und aufgeräumter als Paraguay. Auch das Essen ist hier wesentlich besser.
|
Mittwoch, 27.12.2023 - Iguazu Wasserfälle
Gleich um die Ecke von Foz befinden sich die Iguazu Wasserfälle am gleichnamigen Grenzfluß. Der trennt Brasilien und Argentinien und mündet hier in den Rio Parana. Da befindet sich auch das Dreiländereck von Paraguay, Brasilien und Argentinien.
Die Wasserfälle auf der brasilianischen Seite des Flusses habe ich schon vor zwei Jahren besucht. Deshalb fahre ich über die nahe Grenze nach Argentinien um sie mir von dort aus anzusehen. Vor der Grenze ist jedoch ein kilometerlanger Stau. An dem fahre ich mit dem Motorrad vorbei und reihe mich ziemlich vorne ein. Bis ich dann endlich wieder aus Brasilien raus bin und in Argentinien eingereist bin, vergeht fast ne ganze Stunde Zeit. Der Grund, warum so viele Brasilianer über die Grenze fahren ist einfach: in Argentinien ist alles viel günstiger zu kaufen. Und so ist auch die erste Tankstelle ausverkauft, die ich ansteuere.
Der Besuch der Wasserfälle ist ein einmaliges Erlebnis. Allerdings haben die mir von der brasilianischen Seite vor zwei Jahren noch etwas besser gefallen als von hier.
Gegen 14 Uhr habe ich genug gesehen und fahre weiter. Über die RN12, RP11 und RN14 fahre ich die argentinische Landzunge "Misiones" hinunter bis zu meinem Tagesendziel, die Kleinstadt Aristobulo del Valle. Meine Unterkunft wird das Hotel Del Parque.
|
Donnerstag, 28.12.2023 - Über den Rio Uruguay nach Brasilien
Mit meinem Hotel "Del Parque" habe ich eine sehr gute Wahl getroffen. Schönes, günstiges HoNtel, sauberes Zimmer, nette Besitzerin und großes Frühstücksbuffet. Und mitten im Buffet eine Schale mit Weihnachtsgebäck, selbsterständlich selbst gemacht. Und die "Breedle" sehen genauso aus wie die unsrigen in Süddeutschland! Endlich kommt bei mir (verspätete) Weihnachtsstimmung auf. Und schmecken tun die auch wie daheim.
Trotzdem reiße ich mich um halb neun Uhr hier los und fahre Richtung Westen zur brasilianischen Grenze. Über die RN14 und die RN9 geht es wie gestern auch durch die tolle, grüne Landschaft von Misiones. Hier wird in 300 Metern Höhe sogar Tee angebaut.
Zwei Stunden später komme ich am Grenzort Alba Posse an. Der liegt direkt am Rio Uruguay. Der Rio Uruguay bildet hier die natürliche Grenze von Argentinien und Brasilien und weiter im Süden von Argentinien und Uruguay. Hinüber kommt man für 15.000 Peso mit der Fähre. Nicht jedoch bevor man die Immigration für Argentinien erledigt hat. Die Überfahrt dauert auch nur 15 Minuten. Auf der anderen Seite sucht man die Immigration von Brasilien vergebens. Denn die befindet sicht einen Kilometer weiter weg. Hier könnte man also locker illegal einreisen.
Mein Ziel heute liegt 110 km weiter: die Stadt Santo Angelo. Denn dort kenne ich Rafael S. Rafael ist Busfahrer, ist deutschstämmig und spricht auch gut deutsch. Seine Großeltern sind nach Brasilien ausgewandert. Ihn habe ich im vorigen Jahr in Santiago de Chile kennengelernt, also er mit einer Reisegruppe unterwegs war. Ich soll unbedingt mal bei ihm vorbei schauen, wenn ich in der Nähe bin. Gesagt, getan - hier bin ich! Mittlerweile arbeitet er meist im Innendienst als Disponent für die Reisebusse. Nach der Arbeit zeigt er mir die Stadt Santa Angelo.
Bei ihm Zuhause lerne ich auch seine Frau und die beiden Kinder kennen. Die Frau spricht auch deutsch, die Kinder verstehen es zumindest noch. Ich kann auch bei ihnen übernachten.
Am Abend fahren wir zum 50 km entfernten Sao Miguel das Missoes. Das ist eine Kleinstadt mit Ruinen aus der Jesuitenansiedlung. Um 21 Uhr beginnt dort eine Licht- und Tonshow über die Vergangenheit des Landes - leider verstehe ich kein portugiesisch. Danach werfen wir noch eine Pizza ein.
|
Freitag, 29.12.2023 - Weiter nach Soledade (km 24458)
Eigentlich wollte ich heute schon früh morgens weiterfahren. Aber in der Nacht gab es heftige Gewitter mit Starkregen und viel Niederschlag. Und der hält weiter an. Die Temperaturen sind von gestern 42 Grad auf heute früh nur 18 Grad in den Keller geschossen. Wegen des anhaltenden Regens lasse ich mich von der Familie Schwarzer überreden, noch bis zum Mittagessen zu bleiben. Denn Rafaels Frau kennt die brasilianische Küche und kocht sehr gut. Das Angebot, noch eine Nacht länger zu bleiben lehne ich dankend ab, denn ich will ja weiter. Außerdem hat der Regen gegen Mittag aufgehört. Und die Gastfreundschaft möchte ich auch nicht überstrapazieren. Denn bisher hat Rafael es nicht zugelassen, daß ich auch nur einen Real bezahlt habe.
Die 220 Kilometer Fahrt am Nachmittag nach Osten zur Stadt Soledade ist unspektakulär und führt an riesigen Soja- und Maisfeldern vorbei. Und mit dem Agata Hotel finde ich auch schnell eine passable Bleibe.
|
Samstag, 30.12.2023 - Rio Grande do Sul (km 25200)
Auf der ERS-332 führt heute die Fahrt zunächst nach Südosten Richtung Encantado. Schon halbwegs dorthin wird die Landschaft interessanter, da bergiger und bewaldeter. Ähnlich der, der deutschen Mittelgebirge. In Encantado beim Tankstopp sehe ich hoch oben auf einem Berg eine riesige Christusstatue mit weit ausgebreiteten Armen, so wie die in Rio. Also fahre ich die paar Kilometer mal da rauf um mir das anzusehen. Jedenfalls hat man ne tolle Aussicht von hier oben.
Danach geht es zunächst auf der RS-129 nach Norden und weiter auf der RS-431 nach Osten. Im Tal des Rio Taguari, in Santa Barbara, hat die Fahrt ein unerwartetes Ende. Denn die Brücke über den Fluß wurde durch das Hochwasser der vergangenen Wochen einfach weggerissen. Der Blick auf die Landkarte bringt wieder mal eine Ernüchterung: der Umweg ist 150 km lang und führt teils über Schotterpisten. Aber was soll's? Ich bin nun mal zum Fahren hier - also fahre ich! Außerdem ist die Landschaft hier im südlichsten Bundesstaat Brasiliens, Rio Grande do Sul, so toll, daß ich keinen Meter Umweg bereue. Untergekommen bin ich heute im Hostel Casa do Rogerio in der eher hässlichen Stadt Caxias do Sul.
|
Sonntag, 31.12.2023 - Weiter nach Lages (km 25200)
Die Stadt Caxias do Sul gefällt mir überhaupt nicht. Und so bleibe ich hier auch nicht zum Jahreswechsel. Mein Ziel für heute ist die Stadt Lages, 220 km nördlich in den Bergen. Die Überlandstraße 116 führt nach 50 km in das wunderschöne Tal des Rio das Antas. Aber nach 61 km ist die Straße gesperrt. Genau vor der Brücke, die hier den Fluß überquert. Die Brücke ist zwar noch komplett da, aber vermutlich auch wegen des Hochwassers beschädigt. Hinüber laufen kann man, fahren jedoch nicht, da die Zufahrt mit einem drei Meter hohen Erd- und Geröllberg bewußt versperrt wurde. Eine Mopedspur führt den steilen Erdwall hinauf und drüben wieder hinunter. Ein Mopedfahrer überwindet den Berg mit Schwung und fährt über die Brücke. Mit meinem vielen Gepäck traue ich mir das nicht zu und kehre wieder um. Ich muß also wie gestern wieder einen Umweg einplanen. Heute sind es jedoch nur 40 km.
Mein verfrühtes Silvesterbuffet gibt es heute schon zu Mittag in einem Restaurant einer Tankstelle. Denn die brasilianischen Buffets sind sehr reichhaltig, lecker und günstig.
Am frühen Nachmittag erreiche ich dann das etwas verschlafene Nest Lages in 900 Metern Höhe in den Bergen.
|
Montag, 01.01.2023 - Ans Meer nach Laguna (km 25585)
Trotz eines kleinen Hangovers wegen Silvester gestern, schaffe ich es, gegen halb zehn Uhr morgens in Lages wegzukommen. Die Fahrt führt zunächst relativ unspektakulär auf der SC-114 Richtung Südosten zur Kleinstadt Sao Joaquim. Und weil es von hier aus über die Berge geht und ich nicht weiß, wann die nächste Tankstelle kommt, lasse ich die verbrauchten 3 Liter nochmals nachtanken. Weiter geht es in östlicher Richtung auf der SC-390 bis zur Bergkante des Serra do Rio do Rastro. War das Wetter bislang noch sehr schön, so strömt dichter Nebel an der Abrißkante der Bergkette hoch und verschlechtert die Sicht auf 50 Meter. Das ist sehr Schade, denn der 1460 Meter hohe Serra do Rio do Rastro gehört zu den den interessantesten und spektakulärsten Pässen von Brasilien. Der Paß wurde 1950 erbaut und schlängelt sich auf 284 Kurven bis fast auf Meereshöhe hinunter. Im oberen Teil der in den Fels gehauenen Betonpiste ist die Straße sehr steil und die Kehren sind sehr eng. Weiter unten lässt der Nebel nach und man kann in die Ebene schauen. Ab hier ist die Straße bestens asphaltiert. Ich bin bei weitem nicht der einzige hier. Viele Autos und auch Motorradfahrer wollen sich dieses großartige Erlebnis nicht nehmen lassen und den Pass bezwingen. Der (vermutlich) tolle Ausblick von ganz oben bleibt heute leider verwehrt.
Am Fuße des Passes erreicht man die Stadt mit dem deutschen Namen "Lauro Müller". Der stammt aus einer deutschen Auswandererfamilie und war Ende des 19. Jahrhunderts brasilianischer Verkehrs- und Außenminister.
Mein Tagesendziel ist der Urlaubsort Laguna an der Küste von Santa Catarina. Und im zweiten Anlauf habe ich dann mit dem Atlantico Sul Hotel eine passable Unterkunft in Meernähe gefunden.
|
Dienstag, 02.01.2023 - Laguna
Nach einer Woche Motorradfahren und täglichem Hotelwechsel, muß ich zwingend mal wieder zwei Nächte im selben Bett verbringen. Außerdem brauche ich mal etwas Ruhe. Und das sollte einem am Meer nicht schwer fallen.
Heute Vormittag nehme ich mir jedoch zunächst die Altstadt von Laguna vor. Die wurde 1676 gegründet und hat noch viele alte Häuser im Kolonialstil restauriert und farbenfroh bemalt. Echt toll anzuschauen. Zu Fuß kommt man dorthin über einen kleinen Berg mit Aussichtspunkt.
Eigentlich wollte ich hier schon mal baden gehen im Meer. Aber es weht eine steife Brise und das Wetter ist kühl. Außerdem wehen rote Fahnen am Strand, also baden ist heute verboten. Das wird auch von der "Baywatch" hier beobachtet. Dann wird's halt nur ein langer Strandspaziergang.
|
Mittwoch, 03.01.2024 - Serra Corvo Branco (km 25858)
Antizyklisch zum Badeurlauber verhält es sich beim Biker so, daß er bei schönem Wetter fährt und bei schlechtem Wetter bleibt. So gesehen müsste ich heute noch einen Tag dranhängen, genauer gesagt mehrere. Denn es regnet und die Aussichten für die kommenden Tage sind nicht wirklich besser. Um 6 Uhr früh klart es etwas auf und der Regen lässt nach. Also nichts wie weg von hier. Mein Ziel ist der Pass Serra Corvo Branco. Über die BR-101- und die SC-370 gelangt man zur Provinzstadt Braco do Norte. Nach einem Tankstopp zweige ich von dort auf die BR-475 ab. Die führt in nordöstlicher Richtung in die Berge. Je näher die kommen, desto schlechter wird das Wetter, Und der Regen hört nicht auf. Zu allem Überfluß ist es am Fuße des Passes dann auch vorbei mit der asphaltierten Straße. Was folgt ist ein schmieriger Erdweg, teils geschottert. Dem Nebel geschuldet kann man auch nicht weit sehen. Die Straße wird immer steiler und windet sich in steilen Kehren nach oben. Leitplanke sind nur teilweise vorhanden. Die Steigung ist so groß, daß ein Anhalten fatal wäre. Denn Umdrehen oder Wiederanfahren ist unmöglich. Also immer am Gas bleiben. Ein sehr gefährlicher Streckenabschnitt von mehreren Kilometern. Wie weit man abstürzen könnte ist wegen des dichten Nebels glücklicherweise nicht zu sehen. Erschrocken bin ich dann doch, als plötzlich ein LKW entgegenkommt. Da wird die Straße ganz schön eng und der Abstand bis zum Agrund gering - aber anhalten gibt's nicht.
Irgenwann erreiche ich dann doch die Paßhöhe. Die mündet in eine 500 Meter lange, enge Schlucht. Die spektakulären Bilder kenne ich schon aus dem Internet. Nach den obligatorischen Beweisfotos durchfahre ich die Schlucht und trinke zum Aufwärmen erstmal nen Kaffee am fahrenden Kiosk. Die Abfahrt in die Hochebene auf der anderen Seite in die Stadt Urubici ist weniger atemberaubend und auch ungefährlicher.
Über die SC-110 und die BR-282 ist das Tagesziel die Stadt Rio do Sul. Abgestiegen bin ich dort im Hotel Veneza.
|
Donnerstag, 04.01.2024 - Pomerode (km 26002)
Donnerstag, 04.01.2024 - Pomerode
Die heutige Etappe ist mit etwa 100 km sehr kurz. Das Ziel ist die Kleinstadt Pomerode. Auf der viel befahrenen BR-470 geht es zunächst Richtung Blumenau. In Ascuria biege ich auf die SC-110 ab.
Vor Pomerode, hoch oben auf dem Berg "Morro da Turguia" gibt es einen Aussichtspunkt. der heute etwas schmierige Weg führt sehr steil durch den Wald hinauf. Von oben hat man einen herrlichen Blick auf die 1863 von pommerschen Auswandereren gegründete Stadt und die saftig grüne, dschungelbewachsene Berglandschaft drumherum.
Pomerode hat heute mit über 90 Prozent den größten Anteil deutschstämmiger Einwanderer Brasiliens. Seit 2010 ist Deutsch die zweite offizielle Sprache der Stadt. Hier steht die Kirche noch mitten im Dorf und die Straßen sind gepflastert.
Eigentlich wollte ich im Hotel "Pousada Casarao Schmidt" absteigen. Aber das ist leider ausgebucht. Also wird es halt die Herberge "Oma Helga". Deutschsprachige Bevölkerung trifft man unter den älteren Bürgern. Gleich neben Oma Helga ist die Porzellanfabrik von Arthur Schmidt. Der hat die Fabrik 1945 hier gegründet. Bis heute wird hier noch Porzellan hergestellt und im großen Verkaufsraum angeboten. Und gleich nebenan ist das Museum dazu. Einen dutschen Biergarten gibt es auch hier, mit deutschen Fahnen, Dirndl, Lederhosen und bayrischem Ambiente, wie Musik aus der "Quetschkommode". Aber leider spricht das Personal nur portugiesisch - wirklivh schade.
|
Freitag, 05.01.2024 - Auf Irrwegen (km 26279)
Als ich heute früh aufwache und aus dem Fenster schaue, ist es wieder mal bedeckt und es nieselt leicht. Das trübt die Stimmung, denn das Wetter ist und bleibt unbeständig die letzten Wochen. Und ich habe noch keinen Plan, was ich heute mache. Das Wetter macht es halt unmöglich, auch nur einen Tag voraus zu planen. Die ältere Dame, die das Frühstücksbuffet herrichtet, spricht gut deutsch und meint, ich solle unbedingt ans Meer nach Camboriu fahren. Dort ist es sehr schön. Auf der Landkarte sind das auch nur knapp 100 km. Und weil auf den Nebenstraßen weniger Verkehr ist, nehme ich diese, um dorthin zu kommen. Die Stadt kommt mir bekannt vor. Da bin ich voriges Jahr auf der Autobahn schon vorbeigefahren. Und gefallen hat sie mir letztes Jahr auch nicht. In den engen Schluchten der Hochhäuser stecke ich alsbald i überlasteten Straßenverkehr fest. Hier ein freies Hotel zur Urlaubszeit zu finden ist aussichtslos. Ich gebe auf und lasse mich vom Navi wieder aus der Stadt und auf die Autobahn lotsen. Aber auch die platzt wegen des sehr hohen Verkehrsaufkommens aus allen Nähten. An den Ein- und Ausfahten geht es nur im Schritttempo voran. Und der Wettergott Petrus meint es auch nicht gut mit mir. Immer wieder lässt er mich seine Inkontinenz in Form von Regenschauern spüren. Da kommt eine Raststätte mit leckerem brasilianischem Buffet gerade recht. Also Pause, Essen und neu planen. Und weil das Wetter an der Küste wohl schlechter als in Landesinneren ist, verlasse ich die Autobahn BR-101 bei Barra Velha wieder und fahre Richtung Curitiba. Über Jarogua do Sul und Sao Bento do Sul lande ich am Spätnachmittag im Hotel Campo Alegre in der gleichnamigen Stadt, nicht ohne dabei weitere Regenschauer abzubekommen - ein Wetter wie im April. Allerdings ist die Landschaft auf der BR-280 unvergleichbar schön, führt si doch wieder in die dschungelbewachsenen Berge auf über 600 Metern Höhe.
|
Samstag, 06.01.2024 - Rastro da Serpente (km 26582)
Heute will ich DIE Strecke fahren, die mir voriges Jahr ein brasilianischer Biker ans Herz gelegt hat: die BR-476 nördlich von Curitiba. Die soll mega toll sein. Dazu muß ich aber erst bis Curitiba und vor allem durch Curitiba fahren. Curitiba ist mit über 1,9 Millionen Einwohnern die achtgrößte Stadt in Brasilien und die Hauptstadt des Bundeslandes Parana. Damit ich nicht wieder, wie gestern, durch den Moloch Sao Bento do Sul fahren muß, will ich die SC-110 in nördliche Richtung bis nach Agudos do Sul fahren. Und von dort über die PR-410 und die 116er nach Curitiba. Im Hotel wurde mir mehrfach versichert, daß die Landstraße SC-110 komplett asphaltiert ist. Aber schon 10 km weiter in Bateias do Baixo holt mich die Realität ein. Denn von hier aus ist wieder mal nur Schotterpiste bzw. Erdweg zu sehen. Soviel dazu, daß die Leute sich hier gut auskennen. Deren Radius geht halt nur 10 km.
22 km Offroad waren es dann doch bis Agudos do Sul. Dafür entschädigt die schöne, ländliche Gegend. Die berühmte 476 fängt schon vor Curitiba an und bildet quasi eine der Stadtautobahnen. Sie spaltet die Stadt in zwei Teile. Mit dem Navi kommt man die 15 km jedoch schadlos hindurch. Schon bald nach verlassen der Stadt führt die 476er in die dschungelbewachsenen Berge. Die sind Teil des altantischen Regenwaldes, den es hier früher überall gab. Die Straße ist von allerfeinstem Aspahlt und Fahrbahnmarkierungen außen, sowie eines gelben Doppelstreifen innen. Also bestens befahrbar. Und je weiter man sich von Curitiba entfernt, desto weniger Verkehr ist auf der Straße. Außer ein paar Autos und Holzlaster kann man sich auf der Straße als Biker "austoben". Denn Kurve an Kurve reiht sich hier, mal geht es beragauf, mal bergab. Und das auf einer Länge von gut 100 Kilometern. Bikerherz was willst du mehr? Leider ist meine XTZ 250 etwas untermotorisiert. Gerne wäre ich diese Strecke mit meiner Aprilia 900 Shiver gefahren. Aber die steht halt 10.000 km entfernt in Deutschland in der Garage.
Schon nach einer halben Stunde bei km 71 wird man gestoppt durch den "Rastro da Serpente", einem Motorradtreffpunkt mit Restaurant und Buffet. Auf dem Parkplatz befindet sich eine kleine Rampe mit Denkmahlstein auf die man hochfahren kann, um Erinnerungsfotos zu schießen. Begrüßt wird man auf dem Parkplatz von einem älteren, weißhaarigen brasilianischen Biker mit Kutte per Handschalg. Der weist einen hier ein. Ein toller Treffpunkt mit sehr gutem Mittagsbuffet und Souvenirladen. Ein T-Shirt habe ich mir dann doch gekauft zur Erinnerung.
Nach Mittag fahre ich dann die kurvenreichste Strecke, die ich je gefahren bin, weiter auf der 476 bis Ribeira und dann die 373 bis Apiai. Dort ist ein Tankstopp mit Kaffee fällig. Am Nachmittag fahre ich die 373 wieder zurüc bis Ribeira. Denn dort gibt es mehrere Hotels. Und mit dem Flat Beira Rio habe ich auch gleich eine wirklich tolle Unterkunft gefunden, direkt am Ribeira de Iguape Fluß. Vom Zimmer mit der großen Fensterfront hat man einen herrlichen Blick auf den Urwaldfluß und die dahinter liegenden Regenwälder.
|
Sonntag, 07.01.2024 - Weiter ans Meer (km 26853)
Am Morgen komme ich mit dem 74 jährigen Besitzer des Hotels ins Gespräch. Er spricht gut englisch und sogar etwas deutsch. War er doch früher mit einer Schweizerin verheiratet. Auch dieses Jahr will er wieder dorthin, um die gemeinsame Tochter zu besuchen. Selbst der frühere, sehr beliebte Präsident Bolsonare hat wohl hier in Ribeira ein Haus. Das kann ich mir gut vorstellen, denn die Gegend gleicht schon etwas dem Schwarzwald. Mal abgesehen von den Palmen und Bananenstauden.
Und weil das Wetter heute, wie gestern, wirklich schön heiß und sonnig ist, fahre ich weiter ans Meer nach Praia do Leste. Das sind nur gut 200 km zu farhren. Die ersten 80 km wieder die atemberaubende 476 mit der tollen Berglandschaft. Und heute am Sonntag früh ist hier kaum Verkehr, also nichts was den Fahrspaß trüben könnte. Und natürlich halte ich nochmals kurz am KM 71 am Rastro da Serpente für eine Tasse Kaffee an.
Auch heute komme ich dank Navi ungeschoren durch Curitiba hindurch und über die 277 und 407 nach Praie do Leste. Vor der Küste fällt die Landschaft steil ab auf Meereshöhe. D. h. die Autobahn verläuft hier über eine 10 km lange Rampe hinunter. Hotel habe ich keines im Voraus gebucht. Aber nach etwas Suchen land ich im Pousada Canoas, 500 Meter vom Strand entfernt.
YouTube-Video Rastro da Serpente |
|
Montag, 08.01.2024 - Ruhetag am Meer
Ja ausruhen kann man sich hier schon. Das machen auch alle Brasilianer am Strand. Die kommen mit Sack und Pack hierher. Sprich, mit Liegestühlen, Sonnenschirmen und Kühlboxen. In großen Gruppen scharen sie sich zusammen.
Baden in der Brandug ist heute schon möglich, schwimmen jedoch nicht. Weiß-Rote Fahnen sind in regelmäßigen Abständen in den Sand gerammt. Die sollen auf die Gefahr beim Baden hinweisen. Denn die Brandung ist so stark, daß ein Schwimmen unmöglich ist und über die Brandung raus aufs offene Meer hinaus schwimmen könnte insofern gefährlich werden, daß man bei einer ablandigen Strömung nicht mehr das Ufer erreicht. Also begnüge auch ich mich mit dem Kampf gegen die Wellen der Brandung. Irgenwann bin ich fertig und kann nicht mehr und gehe auf die brasilianische Verhaltensweise hier über: dem Nichtstun.
Dienstag, 09.01.2024 - Weiter nach Antonina (km 26954)
Und weil man hier nicht schwimmen kann versuche ich heute mein Glück etwas weiter nördlich in der Gegen von Antonina. Denn diese Kleinstadt liegt in einer großen Bucht. Dort sollte die starke Brandung kein Problem sein. Und weit ist es auch nicht, nur etwa 60 Kilometer. Die sind dann auch am späten Vormittag abgefahren.
Antonina ist eine Kleinstadt mit knapp 20.000 Einwohener. Sie ist benannt nach dem erstgeborener Sohn des späteren Königs Johann VI. von Portugal. Im Stadkern stehen noch viele alte, farbenprächtig gestrichene Kolonialgebäude. Sie liegt ganz hinten in der Bucht von Baia de Paranagua. Nicht sehr viele Touristen verirren sich (zum Glück) hier, im Gegensatz zum Praia do Leste, wo ich grade her komme. Aber auch hier gibt es keinen Strand, an dem man Baden oder Schwimmen könnte. Die Küste ist komplett zugewachsen. Aber fünf Kilometer weiter im Nachbarort, gleich neben dem Hafen. Leider spielt heute das Wetter nicht mit. Es ist wieder wechselhaft geworden und am Abend regnet es - vielleicht ja morgen.
|
Mittwoch, 10.01.2024 - Rückfahrt Richtung Paraguay (km 27515)
Auch heute ist das Wetter wechselhaft und lädt nicht zum Baden ein. Eine Unterkunft in Strandnähe habe ich auch nicht gefunden. Also entscheide ich mich, die Rückfahrt Richtung Paraguay anzutreten. Die lange Autobahnrampe wie vorgestern will ich jedoch nicht den Berg hinauf nehmen. Denn von hier aus gibt es auch einen kleinen Pass durch die Regenwälder. Und der hat es in sich. Denn der ist komplett gepflastert! Ein schnelles Fahren ist also unmöglich. In vielen engen Kurven und Kehren führt das Kopfsteinpflaster durch die dicht bewachsenen Wälder nach oben. Fast oben angekommen sollte man sich ein paar Minuten Zeit nehmen und die Sicht vom Aussichtspunkt über die Bucht auf das Meer bewundern, denn die ist einmalig.
Von hier bis Curitiba sind es nur 40 Kilometer. Kurz vor der Autobahnauffahrt befindet sich noch eine Motorradkneipe und das Portal da Craciosa, ein schöner Glockenturm, durch den man fährt. Heute führt mich das Navi nicht auf der Stadtautobahn um Curitiba herum, so wie ich das eigentlich wollte, sondern mitten hindurch. Also ist wieder Kampf mit dem Stadtverkehr angesagt. Nach ner Dreiviertelstunde bin ich dann aber durch. Die Routa 277 und 373 führen immer schnurstracks Richtung Westen, also Richtung Paraguay. Die Fahrt heute ist sehr lang und eintönig. Wenn auch die Landschaft immer wieder mal entschädigt. Aber die Schnellstraßen sind mit Autos und LKW sehr start frequentiert, ein Überholen in den vielen Kolonnen ist schwierig und mitunter gefährlich. Das bekam wohl ein Sattelschlepper zu spüren. Denn der hatte wohl einen mächtigen Unfall, als es ihm sein Heckteil des Aufliegers in zwei Teile riß und der hintere Teil über der Leitplanke in der Böschung lag.
Eigentlich wollt ich heute nur die Hälfte bis Paraguay fahren und morgen den Rest. Aber es läuft trotz des großen Verkehrsaufkommens gut und so ist mein Tagesendziel am Spätnachmittag die Großstadt Cascavel, etwa 150 km von Paraguay entfernt. Und mit knapp 600 gefahrenen Kilometern die bisher größte Tagesfahrleistung dieses Winters.
|